Die Preisverleihung des Deutschen Popliteraturpreises fand am 8. Juni in einer ehemaligen Teppichfabrik in Augsburg statt.

Fans, Expert:innen und Autor:innen feierten die neue Popliteratur. Höhepunkt war die Live-Bekanntgabe der Gewinnerin Ulrike Sterblich für ihren Roman „Drifter“.

Der Preis, organisiert vom Literaturhaus Augsburg, ist mit 3.000 Euro dotiert.

Friedrich Liechtenstein, Verena Rossbacher, Leonhard Hieronymi, Dr. Stefan Bronner, Dr. Franziska Diller und Katrin Montiegel beurteilten als Jury die Lesbarkeit, Kreativität und Originalität der Texte.

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Wie sieht Popliteratur heute aus?

Wir wissen es nicht genau, und das ist das Spannende!

Was ist Pop?

POP ist ein Lebensgefühl: POP weiß um den Zustand der Welt. Er setzt ihr ein »Wir sind hier!« entgegen. »Trotz allem!«

POP beschäftigt sich grundlegend mit universellen gesellschaftlichen Themen – Bildern, Gefühlen, Gedanken und Rückschlüssen. Nur nicht so offensichtlich.

POP bedeutet Kritik an den bestehenden Verhältnissen!

POP hat emotionale und intellektuelle Sprengkraft!

POP ist trotzig und lässt sich nicht mobilisieren!

POP ist die schönste Form der Ernsthaftigkeit!

POP hat Charme & Stil! Pop ist Können und Komposition!

POP ist nicht moralistisch, sondern moralisch!

POP bedeutet fame. Und den braucht deutsche Literatur heute dringend!

Wir suchen Texte, die 
viele unterschiedliche Menschen ansprechen, stilistisch schillernde Wege gehen, subversiv sind (Kritik kann auch affirmativ daherkommen!), knallen und den magic pull haben, chic sind. 

Aldi trifft Goethe

Wenn Popliteratur die Bühne betritt.

Das Verhältnis von Popliteratur zur »hohen« Literatur

Pop ist, vor allem anderen, eine Schreibstrategie, die das Hochkulturelle nicht wie eine Monstranz vor sich her tragen muss. Eigentlich ist Popliteratur einfach gute Literatur, in die die Gegenwart einzieht. Nur in clever und subtil. Hier wird kaum über Genies geschrieben, hier gibt es keine typisch deutsche Innenschau, und der große historische Familienroman findet in diesem Genre auch selten ein Zuhause. Popliteratur gewährt unserem Alltag Raum in der Kunst. Dass man von Becks, Bang & Olufsen, Barbour und Aldi liest, macht diese Literatur in den Augen vieler Kritiker banal oder dekadent. Wir finden sie realistischer als »Literatur-Literatur«; so nennen wir Romane, die sich strategisch mit Zeichen und Themen der Hochkultur umgeben, denn hier findet man eine vom Alltag seltsam gereinigte Sprache, die wohl ins Zeitlos-Mythische verweisen soll. „Ich bin kein banaler Text, sondern hohe Literatur!“ Das finden wir banal. Popliteratur ist Kunst, die auch unterhält. Pop hat als literarisches Schreibverfahren nach seinem Hoch in den 90iger Jahren mit Namen wie Alexa Hennig von Lange, Benjamin von Stuckrad Barre, Judith Hermann, Elke Naters, Christian Kracht usw. trotz des jähen Endes der Medienaufmerksamkeit nach 9/11 nie aufgehört zu existieren. Bis heute herrscht die seltsame Vorstellung, es müsse im Angesicht der großen Probleme der Menschheit wieder der heilige Ernst in die Literatur einziehen. Eindeutig lesbare Botschaften und Bekenntnisse müssen her, vor allem in Deutschland. Soweit das moralistische Dogma. Man kann all das irgendwie nachvollziehen. Wir lernten dagegen, dass Kunst alles dürfe und dass sie minderwertig sei, wenn sie sich eindeutig festnageln ließe.

Wie verhält sich Popliteratur zur Wirklichkeit?

Wenn wir als Leser mit dem gleichen Blick auf die Dinge aus dem Buch austreten, wie wir zuvor eingetreten sind, stellt sich die Frage nach dem Wert von Literatur. Das Selbstverständliche zu verdoppeln, sollte nicht die Aufgabe von Kunst sein. Die radikale Unentscheidbarkeit zwischen Ernst und Unernst, zwischen Faktum und Fiktion ist eines der wichtigsten Charakteristika von Popliteratur. Ja, ein Text muss für uns zugänglich und lesbar sein. Das schließt im Übrigen keineswegs avantgardistische Experimente mit Sprache aus. Der Text soll uns mithilfe eines Realismus in andere Welten katapultieren. Aber er darf an dieser Stelle nicht stehen bleiben. Die sprachlichen Schablonen, mit denen realistische Texte operieren und mithilfe derer wir vermeintlich die Welt zu verstehen meinen, dürfen uns am Ende nicht im bereits Bekannten zurücklassen. Sie müssen uns ins Offene, Unbekannte, noch-nicht-Gewusste transportieren. Vielen Texten liegt die naive Annahme zugrunde, die Wirklichkeit stehe immer schon griffbereit zur Verfügung und sei dann auch noch in der Sprache ungebrochen repräsentierbar. Im Gegenteil, ist uns diese doch in ihrer mannigfaltigen und rohen Gestaltlosigkeit, wenn überhaupt nur teilweise ergründbar. Der popliterarische Text muss die Wirklichkeit in einer uns unbekannten, neuen Weise erschaffen. Moritz Baßler sagt in seiner klugen Analyse der realistischen Gegenwartsliteratur mit dem Titel »Populärer Realismus« (2023) das Folgende zum popliterarischen Verfahren:

»Die literarischen Verfahren, von denen hier die Rede ist, dienen nicht dazu, etwas, das man bereits gut weiß, süffig darzustellen, eine Bedeutung oder Aussage, die einem wichtig ist, gut zu verpacken. Sie ringen, emphatisch gesagt, darum, etwas sagbar und sichtbar zu machen, was es so, in dieser Form, vorher nicht war. Wo es dabei um Autofiktion geht, ringen sie um eine Appropriation des Eigenen.«

Popliteratur spielt die Ununterscheidbarkeit von Faktum und Fiktion durch, denn die Dinge, die aus den Tiefen des Unbewussten ans Tageslicht befördert werden, sind zunächst radikal formlos. Sobald wir Versatzstücke der Wirklichkeit jedoch versprachlichen, pressen wir einen Teil dieser hochenergetischen Masse in eine Form und entstellen ihn damit. Wir transformieren sie, sodass sie sprachlicher Inhalt wird. Das nennen wir Fiktion. Pop ist ein literarisches Verfahren, das man verstehen muss. »Es geht um Ambiguitäten im Übergang von der erzählten Welt zu ihrer Bedeutungsebene.« (Moritz Baßler 2023) Wir wünschen uns mehr solcher Texte. Ganz ernsthaft. Für andere Texte gibt es bereits wichtige und richtige Preise. Was wir uns sonst noch alles wünschen, findet Ihr in unserem Manifest. 

Falls Ihr Euch für Gegenwartsliteratur interessiert, hier geht’s zu Moritz Baßlers neuem Buch »Populärer Realismus«.

Ohne das Engagement unserer Förderer und ohne die Unterstützung unserer Freunde und Familien wären die Vergabe des Deutschen Popliteraturpreises und die große Gala  nicht möglich.

Deshalb sind wir überglücklich, dass wir Wegbegleiter gefunden haben, die Literatur schätzen, lieben und gemeinsam mit uns befeiern.

Danke an
unsere Förderer,
Freunde
und Familien

 Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst

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