Katrin M.
Jury & Erfinderin des Deutschen Popliteraturpreises
Vier Fragen an die Jury des Deutschen Popliteraturpreises 2024
Liebe Jury, wir hätten ein paar Fragen, die uns im Zusammenhang mit Literatur beschäftigen. Ihr könnt gern schriftlich, per Audionachricht, in Videoform oder auch gar nicht antworten. Wir sind gespannt.
1. Was verbindet Dich mit (Pop-)Literatur? Warum bist Du beim Deutschen Popliteraturpreis dabei und worauf freust Du Dich am meisten?
Katrin M.: Bevor das mit dem Preis losging, habe ich mir nicht so viele Gedanken über die Frage «Was ist Popliteratur?» gemacht. Gelangweilte Protagonisten, die entweder ganz viel oder ganz wenig Geld und definitiv immer ein Drogen- oder Alkoholproblem haben, meistens beides und darauf sind sie auch ganz stolz, verbringen den Tag damit, die Welt mit grösstmöglicher Ironie zu betrachten. Das ist zwar unterhaltsam, nutzt sich aber auch schnell ab. Ehrlich gesagt, war der Preis für mich zunächst einfach eine willkommene Möglichkeiten, eine gute Zeit mit guten Freunden zu verbringen.
Aber dann kamen die ersten Einreichungen und ich habe realisiert, dass die Frage nicht so sehr «Was IST Popliteratur» als vielmehr «Was KANN Popliteratur» lautet. Jede Gattung braucht eine Form und Menschen immer eine Checkliste, um Dinge einzuordnen. Popliteratur spielt mit dieser Checkliste und fordert sich selbst dabei immer wieder aufs Neue heraus. Diese Fluidität gefällt mir, denn sie ermöglicht einen offenen Diskurs, bei dem Literatur nicht nur in Hörsälen und Klassenzimmern stattfindet, sondern im Alltag.
2. Was bedeutet Dir Literatur?
Katrin M.: Das Transportmedium mag sich verändert haben, aber ja, Literatur ist absolut zeitgemäss und das wird sie auch immer bleiben. Alles weitere, da schliesse ich mich Dr. D. an. Sie hat das sehr präzise auf den Punkt gebracht. Besonders die Sache mit der Versprachlichung. Das ist Fluch und Segen gleichermassen, weil ich oft an meine Grenzen stosse, aber es spornt mich an, einfach weil mich die Schönheit von Sprache und die Lust am Umgang mit ihr glücklich machen.
3. Gibt es Themen, die in der Literatur nichts zu suchen haben?
Katrin M.: Ich mag die Formulierung «nichts zu suchen» nicht. Es kommt immer darauf an, wie mit einem Thema umgegangen wird. Egal welches Thema hat in der Literatur nichts zu suchen, wenn Story und Charaktere eindimensional und klischeehaft sind. Noch schlimmer, wenn das dann als ironisch gelesen werden soll. «Allegro Pastell» von Leif Randt hat mir physisch Schmerzen bereitet.
4. Wie lange gibst Du einem neuen Buch eine Chance, bevor Du es weglegst, und was muss in dieser Zeit für Dich passiert sein? Hast Du ein aktuelles Beispiel?
Katrin M.: Das dauert bei mir recht lange, bis ich Bücher weglege. Oft merke ich erst, wenn ich ganz durch bin, dass ich das Buch nicht so interessant fand. Also wenn ich darüber spreche. Dr. B. hat mich mal fragt: «Und, war das ein gutes Buch?» Meine Antwort: «Ja, war nicht schlecht.» Daraufhin er: «Aber war’s denn gut?» Seither nehme ich die Frage ernster und bin auch strenger. Generell darf mich das Buch nicht zu lange im Unklaren lassen, wer die Protagonisten sind. Ich brauche nicht den Wink mit dem Zaunpfahl, aber mir dreissig Seiten lang alles zusammenraten, da bin ich raus. Ich möchte nicht belehrt werden, ich möchte unterhalten werden. Dann bleibt bei mir am meisten hängen.